Tag 11: Do. 14.7.
O
qaatsut

Nach dem langen gestrigen Tag konnten wir heute bis halb 9 schlafen. Der Zeltplatz liegt auch hier am Rande des "Schlittenhundegürtels" der Stadt. Die Nacht war dementsprechend verjault. Die Nachttemperaturen lagen bei 6 °C. Die Nächte des Schwitzens sind vorbei und mit offenem Zelt und geöffnetem Schlafsack sind sie super erträglich. Der Ausblick vom Zeltplatz auf das Eisfjord ist grandios. Eisberge, wohin das Auge schaut. Und das bei sonnigem Wetter.

Am heutigen Tag teilt sich die Gruppe. Astrid, Heidi, Manfred und ich wollen mit dem Boot nach Oqaatsut fahren und von dort zurück wandern. Janke und Mauk bleiben noch eine Woche länger auf Grönland und wollen später noch dorthin. Deswegen kommen sie nicht mit. Ute und Stefan wollen sich einen Tag "Urlaub" gönnen und in Ilulissat abhängen. So lassen wir 4 uns zum Hafen fahren. Dieser ist immer noch voller Eis. Bis Oqaatsut fahren 2 weitere Deutsche mit. Das Boot hat große Mühe sich vor dem Hafen einen Weg durch das Eis zu bahnen. Einmal müssen wir sogar wenden, da kein Durchkommen ist. Rückwärtsfahren ist nicht möglich, da die Gefahr bestände sich Eisbrocken in die Schiffsschraube zu ziehen, was wiederum ihr Ende bedeuten könnte. Irgendwann ist das dichteste Eis bezwungen und das Schiff kann richtig Fahrt aufnehmen. Die Tour dauert ungefähr eine Stunde und der Fotografierwahnsinn geht weiter.

Die Natur hat den Eisbergen einen schier unerschöpflichen Designvorrat mitgegeben. Jeder sieht anders aus. Abhängig von seiner Ausgangsform, zerbricht oder kippt er früher oder später beim Abtauen. Im Wasser geht der Schmelzvorgang ob der höheren Dichte des nassen Elements schneller vonstatten. Rundgelutschte weiß glänzende Teile des Berges wurden mit hoher Sicherheit vom Wasser geformt. Sehr schön sind Eisberge mit Löchern. Aber auch das Spiel mit dem Licht ist interessant. Bei Sonnenschein wirken die Kolosse eher gleißend weiß. Unter Wolken bekommen sie grünliche oder bläuliche Farbtöne.

Geschützt in einer Buch liegt Oqaatsut bzw. Rodebay auf englisch. Es ist der kleinste Ort der Diskobucht. Ca. 50 Leute wohnen dort. Straßen gibt es nicht. Wer weg will oder muss (z.B. ins Krankenhaus nach Ilulissat), braucht im Winter einen Hundeschlitten oder im Sommer ein Boot. Aber ein kleiner Supermarkt existiert hier und das Angebot ist recht reichhaltig. Von Grundnahrungsmitteln bis Geburtstagskerzen findet man alles. Auch Bananen gab es und nicht mal teuer. Jagt, Fischerei und Walfang sind das, was die Einwohner hier täglich machen. Aber es gibt auch das H8, ein Restaurant eines thüringer Ehepaars! Hier muss natürlich jeder Tourist rein, aber auch die Einheimischen treffen sich wohl manchmal im H8. Vorher gingen wir noch durch das beschauliche Örtchen. Im offenen Meer lagen idyllisch die Eisberge. In Oqaatsut wird viel Trockenfisch hergestellt. Wir sahen große Vorrichtungen zum Trocknen von Heilbutt und Seewölfen. Ein richtig großer Gefleckter Seewolf hing an einem Gestell. Auch Robbenfleisch war angehängt. Alles in allem ist Rodebay wirklich nett anzuschauen. 

Dann kehrten wir im H8 ein. Es gab eine richtig große Platte mit Lodden (Stint), Dorsch, Dorschleber, Finnwal, verschiedene Heilbutte, Shrimps und Lachs. Uta und Ingo hatten sich alle Mühe gemacht uns exotische und altbekannte Sachen zu servieren. Mit altbekannten Sachen meine ich einen zusätzlichen thüringer Teller mit Käse und grober Mettwurst, wie in Thüringen üblich. Dazu genehmigten wir uns ein Bier. Danach kam noch selbstgebackener Kuchen und Kaffee auf den Tisch. Gut gesättigt begannen wir nun unsere Wanderung. Ziel war der Flughafen von Ilulissat. Hier wollten wir uns mit dem Taxi abholen lassen, denn die Strecke ab da ist nicht besonders interessant.

Kurz hinter dem Ort waren große Ansammlungen von Wollgras zu finden. Die sind auf Grönland weit verbreitet. Die meiste Zeit ging es an der Küste entlang. Ab und zu waren kleinere Steigungen zu überwinden, aber die waren nicht anstrengend. Die steinige Landschaft bildete einen schönen Kontrast zu den vor der Küste treibenden Eisbergen. Das Wetter war ganz ausgezeichnet. Meist Sonnenschein bei 12 °C.


Es gab dann aber doch etwas, was das Laufen etwas anstrengend machte. "Na hier ist es man' aber auch wieder schön!". Manfreds Ankündigung hatte seinen Grund. Also schnell ein paar Fotos gemacht und weiter. Das Problem: Dieser Grund tauchte aller 2 Minuten auf und so verbrachten wie die meiste Zeit der Wanderung mit Stehen und Fotografieren, was anstrengender ist, als immer zu laufen. Aber der Vorteil des grönländischen Sommers ist die Helligkeit. Und so ist es völlig egal, wie lange man läuft. Die Dunkelheit wird uns nicht überraschen. Unterwegs läuft man an einer Bucht entlang. Hier trennen nur 50 m Land das Eismeer von einem See. Astrid, Heidi und Manfred ließen sich diese Möglichkeit nicht nehmen und gingen kurz baden. Mit Eisbergaussicht. Ich zog es vor, Birkenpilze anzuschauen...

Irgendwann liegt da mitten am Weg ein recht rostiger Vorschlaghammer. Den Abend vorher hatten wir uns beim Aufbau des Küchenzeltes ziemlich gequält. Mit dicken Steinen haben wir die Heringe eingeschlagen. Ein Vorschlaghammer war nicht da und auch im Baumarkt von Ilulissat nicht aufzutreiben. Also nimmt Astrid das schwere Teil gleich mit. Ein bisschen Tourengepäck mehr kann doch nicht schaden... Jetzt am Abend bildete sich Seenebel, der zwischen den Eisbergen waberte. Nach 20 km erreichten wir den Flughafen. Durch die vielen Foto-Stopps sind wir fast 7,5 Stunden unterwegs gewesen. Da das Taxi noch etwas Zeit brauchte, konnten wir uns auf den größten Hundeschlitten der Welt setzen und fotografieren lassen. Er steht direkt am Flughafen und hat Eingang in das Guinnessbuch der Rekorde gefunden. Kein Wunder, denn er misst über 21m und ist für 100 Menschen und 260 Hunde gedacht.

Dann bringt uns das Taxi zum Zeltplatz. Gegen 20:45 Uhr sind wir da. Die in Ilulissat Gebliebenen haben schon gekocht. Und zwar den allerleckersten Seewolf, den man sich vorstellen kann. Der hat sogar den Seesaibling noch übertroffen. Aber so was von lecker! Und dann passiert auch nicht mehr viel. Gegen halb 1 ist Bettruhe.

  

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