Tag 13: Mi. 28.8.
Potosí
Potosí! Die wohl geschichtsträchtigste Stadt Boliviens. Was wäre Spanien heute ohne den Silberberg Potosís. 1545 wurde Silber auf dem Cerro Rico entdeckt. Der Berg drohnt mit 4824 m hoch über der Stadt. Am Anfang konnte man das Silber noch im Tagebau abbauen und ohne Zwischenschritte schmelzen. Alles Silber wurde nach Spanien geliefert. 25 % seiner Schätze bezog Spanien aus diesem Berg. 60.000 Tonnen wurden bis heute gefördert.
Der Berg hat ca. 500 Mineneingänge. Er ist komplett durchlöchert wie ein
schweizer Käse. Angeblich sollen noch immer 300.000 t Silber im Berg stecken.
Dass die Mineros unter unwürdigsten Bedingungen zur Kolonialzeit dort
arbeiteten, ist verständlich. Bis heute sind allein 8 Mio. Arbeiter durch
Lungenkrankheiten ums Leben gekommen!
Der Berg besitzt noch viel mehr Mineralien, z.B. Blei, Zink, Zinn, Bleiglanz,
Bismut, Wolfram Quarze, u.v.m. Seit der Silberkrise 1985 setzte der Preisverfall
der bolivianischen Industrie sehr zu. Heute arbeiten noch 7000 Bergleite hier.
Länger als 10 - 15 Jahre hält niemand durch. Bei 40 Jahren liegt die
Lebenserwartung. Die Hauptattraktion der Stadt ist die Besichtigung einer
Mine.
Die Nacht war unruhig. Wenig Luft und eine zuhe Nase waren kein Vergnügen. Die Temperatur im Zimmer sank auf 9 °C. Draußen waren -6 °C. Der Weg zum Klo über den Hof wollte wohlüberlegt sein. Heute war nur ein kleines Frühstück angesagt. Um 9 ging die Minentour los. Sie begann mit dem Anziehen von Gummistiefeln, Schutzhosen, Schutzjacke und einem Helm. Dass wir dies alles absolut benötigten, war uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Mit dabei war auch unsere "FREUNDIN", die wir das erste Mal bei der Tarabuco - Tour trafen. Ein furchtbarer Mensch. Ständig rumnörgelnd wegen der Gesundheit ihrer Knie und anderen Kleinigkeiten, war es heute schon wieder ein Problem, in die Sachen zu steigen. Ungünstig bei dieser Tour war für sie ihre winzige Größe und ihr Alter von vielleicht 50 Jahren.
Zuerst fuhren wir mit unserem Bus den Berg bis auf 4500 m hinauf. Da der Weg extrem schlecht war, mussten wir auch einmal schieben. Unterwegs kauften wir noch Dynamit und Kokablätter als Geschenk für die Mineros. Das sollte man tun, da die Arbeiter durchschnittlich 140 $ pro Monat verdienen und sich alles selbst besorgen müssen. In der dünnen Luft sind sie ständig am Koka kauen. Bis zu 4 Sprengungen pro Tag müssen durchgeführt werden. Das geht natürlich ins Geld. Es werden immer Dynamit, Zünder, Zündschnur, Karbid benötigt.
Unser Führer erklärte uns eine ganze Menge über den Bergbau und die Korruption im Land. Koka kaute er dabei dauerhaft. Dann ging es zum Mineneingang. Jeder bekam eine Kalziumkarbid - Lampe und ab ging es in Tíos Reich. Tío ist der Teufel bei den Bergleuten. Ihm wird oft geopfert.
Durch einen schmalen und flachen (durchschnittlich vielleicht
1,50 m hohen) Gang ging es ins Innere des Berges. Die Temperatur stieg. Das
gebückte Laufen nimmt einem in dieser Höhe ganz schön den Atem. Fast 3
Stunden waren wir in der Mine und wirklich, es ist ein schweizer Käse. Wir
besuchten einige Mineros und ließen unsere Geschenke da. Allerdings war die
Tour eine ständige Kletterei mit vollem Körpereinsatz. Wir sahen aus wie
Schweine. Unsere "FREUNDIN" musste ständig durch Löcher
herabgelassen oder nach oben geschoben werden. Auch glitschige Bretter über
tiefen Löchern waren zu bezwingen. Klaustrophobie wäre hier der sichere Tod.
Durch manche Löcher passte ich gerade so durch.
Ein Bergarbeiter brachte noch eine Sprengung an, die den ganzen Berg zum
erzittern brachte. Die Tour war sehr interessant. Es ist kaum vorstellbar, wie
die Menschen dort arbeiten. Der ganze Berg klizert aller paar Meter durch
verschiedene Mineralien anders. Nicht einmal essen dürfen die Arbeiter in der
Mine, da überall giftige Substanzen rumfliegen (z.B. Asbest).
Als wir aus der Mine rauskamen, konnten wir in der gleisenden Sonne erst mal gar
nichts sehen. Unser Führer baute noch eine Ladung Dynamit zusammen und sprengte
sie in die Luft, dass kleine Steinchen und Dreck auf uns herab rieselten.
Im Hotel war erst mal waschen angesagt. Danach tranken wir
einen Kaffee und natürlich ein agua caliente. Da wir den nächsten Tag nach
Uyuni wollten, wanderten wir dann runter zum Busbahnhof. Selbst runterlaufen
fällt in dieser Höhe schwer. Am Busbahnhof teilte uns die einzige
Busgesellschaft, die nach Uyuni fährt, mit, dass sie morgen Feiertag hat. Oh
je, uns sitzt eh schon die Zeit im Nacken. Alternativ könnten wir noch heute
Abend fahren. Dann wären wir aber erst nach Mitternacht in Uyuni. Da hat doch
kein Hotel mehr auf. Und bei dicken Minusgraden auf dem Bahnhof rumlungern, nein
Danke.
Nach einiger Zeit meinte der Typ von der Busgesellschaft, dass es noch andere
Gesellschaften gibt, die von einem anderen Bahnhof abfahren. Welch Glück. An
diesem Bahnhof waren wir sogar schon vorbei gelaufen. Dort buchten wir dann für
3,50 € für 6 Stunden Fahrt und erklommen wieder die Stadt.
Als nächstes wollten wir ein paar meiner Reisecheques
tauschen, da dass in Uyuni problematisch sein soll. Unterwegs kamen wir dann
noch an der herrlichen Kirche und dem Konvent Santa Teresa vorbei. Die mussten
wir uns erst noch anschauen. Der Eintritt von 3,20 € war zwar erst
abschreckend, aber die Führung war sehr schön und dauerte über eine Stunde.
Danach versuchten wir das Geld zu tauschen. Wie schon erwartet gab es Probleme,
da ich ja keinen Reisepass mehr hatte. Die zweite Bank tauschte dann widerwillig
mit Kopie des Reisepasses. Die Prozedur dauerte mindestens eine halbe Stunde.
Erst die Diskussionen , dann unterschreiben, die Nummern aufnehmen, Kopien
erstellen. Dann zum nächsten Schalter Unterschriften abholen und
Auszahlungsbelege erstellen. Dann in die Schlange (bestimmt 10 m) zur Kasse
anstellen und das Geld zu einem unmöglichen Kurs bekommen. Das war, glaube ich,
das letzte Mal, dass ich Reisecheques mitgenommen habe.
Die Banken hier sind übrigens immer Hochsicherheitstrakte. Schon draußen 2
Polizisten mit der Knarre im Anschlag, die jeden beäugen. Drin wird auch alles
von Polypen gemanagt. Sogar die Aufteilung zu den Kassen. Und wehe du stehst mal
einen Meter zu weit links, dann wirst du gleich weggescheucht. Auch zusammen an
der Kasse durften wir nicht stehen.
Mangels guter Restaurants in der Stadt waren wir dann wieder in der gestrigen Gaststätte. Inga aß zur Abwechslung Pollo - Stücken und ich ein dünnes Rinder - Letscho - Steak. Diesmal die kleine Portion, aber das war eigentlich schon wieder zu viel.
Da fast die Hälfte unseres Urlaubs rum ist, wird es Zeit ein paar Grüße per E-Mail nach Hause zu senden. Internetcafés gibt es im Land wie Sand am Meer. Für eine Stunde bezahlt man 0,50 €. Weder Inga noch ich hatten irgendwelche wichtigen E-Mails bekommen. Die Tastatur war gewöhungsbedürftig. Das '@' war mit der '2' zusammen in Kombination mit 'Alt Gr' zu drücken. Funktionierte aber nicht. Nach einigen Versuchen fragten wir einen Nachbarn. Der zeigte es uns: 'Alt' + '6' + '4'. Also die ASCII-Kombination. Merkwürdig. Beim Schnelltippen drückte ich dann die deutsche Kombination 'Alt Gr' + 'q'. Und siehe da: funktionierte auch. Warum nicht gleich so. Das Wetter sagte auch: Frühling im Anmarsch. Das lässt für Uyuni hoffen. Aber erst mal zurück ins kalte Zimmer und Inga ihre 12 Stunden Nachtruhe gönnen.
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